Gerichtliche Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen - Wohnungsüberlassung verlangen
Wenn eine Person, mit der Sie gemeinsam in einer Wohnung leben, Sie bedroht oder verletzt, kann das Familiengericht Ihnen die Wohnung nach dem Gewaltschutzgesetz zur vorübergehenden alleinigen Nutzung zuweisen.
Das bedeutet, dass Sie - gegebenenfalls mit Ihren Kindern - die Wohnung künftig alleine nutzen können und Ihre Partnerin beziehungsweise Ihr Partner die Wohnung verlassen muss.
Das gilt selbst dann, wenn Sie nicht Eigentümerin beziehungsweise Eigentümer oder Mieterin beziehungsweise Mieter der Wohnung sind.
Dauerhaft dürfen Sie die Wohnung nur dann allein nutzen, wenn die Wohnung Ihnen gehört oder Sie die alleinige Mieterin beziehungsweise der alleinige Mieter sind.
Hinweis: Wenn Sie mit der gewalttätigen Person verheiratet sind oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, können unter bestimmten Voraussetzungen weitere Ansprüche auf Wohnungsüberlassung bestehen.
Lassen Sie sich dazu von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt beraten.
Zuständige Stelle
nach Wahl der antragstellenden Person:
- das Familiengericht, in dessen Bezirk es zu der Tat gekommen ist,
- das Familiengericht, in dessen Bezirk sich die gemeinsame Wohnung der antragstellenden Person und der Täterin oder des Täters befindet oder
- das Familiengericht, in dessen Bezirk sich die Täterin oder der Täter gewöhnlich aufhält
Details
Voraussetzungen
- Sie haben zum Zeitpunkt der Tat dauerhaft einen gemeinsamen Haushalt mit der gewalttätigen Person geführt. Sie müssen selbst nicht Eigentümerin oder Eigentümer der Wohnung sein oder im Mietvertrag stehen.
- Die gewalttätige Person hat Ihren Körper, Ihre Gesundheit, Ihre Freiheit oder sexuelle Selbstbestimmung vorsätzlich und widerrechtlich verletzt.
Wenn Ihnen die gewalttätige Person bisher nur gedroht hat, gelten strengere Voraussetzungen.
Die Wohnungsüberlassung kann dann nur erfolgen, wenn sie unbedingt erforderlich ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden.
Das kann auch der Fall sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist.
Verfahrensablauf
Sie müssen die Wohnungsüberlassung schriftlich von der gewalttätigen Person verlangen.
Wenn Sie eine gerichtliche Anordnung der Wohnungsüberlassung nach dem Gewaltschutzgesetz anstreben, können Sie
- den Antrag selbst schriftlich oder zur Niederschrift bei der Geschäftsstelle eines Familiengerichts stellen oder
- sich durch eine Anwältin oder einen Anwalt vertreten lassen.
Hinweis: Für eventuell anfallende Anwalts- und Gerichtskosten können Sie unter bestimmten Voraussetzungen wie hinreichende Erfolgsaussicht undBedürftigkeit Verfahrenskostenhilfe beantragen.
Hat die Polizei bereits einen Platzverweis gegen die gewalttätige Person ausgesprochen, können Sie diese Zeit nutzen, um eine Entscheidung des zuständigen Gerichts herbeizuführen.
Fristen
Einen Antrag auf Wohnungsüberlassung nach dem Gewaltschutzgesetz können Sie auch zu einem späteren Zeitpunkt nach der Tat stellen. Es gilt aber eine Frist von drei Monaten.
Sie haben also nach dem Gewaltschutzgesetz nur einen Anspruch auf Wohnungsüberlassung, wenn Sie innerhalb von drei Monaten nach der Gewalttat die Überlassung der Wohnung schriftlich von der Täterin oder vom Täter verlangen.
Mit Verstreichen dieser Frist verfällt Ihr Anspruch auf Wohnungsüberlassung.
Erforderliche Unterlagen
abhängig vom Einzelfall
Kosten
in der Regel: keine
Das Gericht kann bestimmen, dass Sie Kosten tragen müssen, wenn Ihr Antrag von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und Sie dies erkennen mussten.
Geht die gewalttätige Person trotz gerichtlicher Entscheidung zu Ihren Gunsten nicht freiwillig und Sie wollen die gerichtliche Entscheidung durchsetzen lassen, können für Sie Kosten entstehen, wenn diese die andere Person nicht bezahlen kann.
Hinweise
Das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen" bietet unter der Telefonnummer 08000-116 016 und auf der Internetseite rund um die Uhr und kostenfrei Beratung durch qualifizierte Beraterinnen.
Prüfen Sie auch, ob weitere Schutzanordnungen wie beispielsweise Kontakt- oder Näherungsverbote notwendig sind. Oft ist es sinnvoll, dass die gewalttätige Person die Wohnung nicht mehr betreten darf (Betretungsverbot).
Leben Kinder in Ihrem Haushalt, wird das Gericht dies bei seiner Entscheidung berücksichtigen und auch das Jugendamt anhören.
Das Gericht wird das Jugendamt über die getroffene Entscheidung informieren, damit das Amt Sie beraten und unterstützen kann, zum Beispielbei der Ausübung des Umgangsrechts.
Sie können für einzelne Vollstreckungsmaßnahmen Verfahrenskostenhilfe beantragen.
Vertiefende Informationen
- Broschüre mit Informationen zum Wohnungsverweis bei häuslicher Gewalt (PDF) - Sozialministerium Baden-Württemberg
- Broschüre "Schutz vor häuslicher Gewalt" mit Informationen zum Gewaltschutzgesetz (PDF) - Justizministerium Baden-Württemberg
- Ausführliche Informationen zum Gewaltschutzgesetz und Hinweise auf Beratungsangebote
enthält die Broschüre "Mehr Schutz bei häuslicher Gewalt" (PDF) des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend.
Rechtsgrundlage
- § 2 Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen – Gewaltschutzgesetz (GewSchG) (Überlassung einer gemeinsam genutzten Wohnung)
- § 1361b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (Ehewohnung bei Getrenntleben)
- § 14 Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) (Wohnungszuweisung bei Getrenntleben)
Freigabevermerk
Stand: 18.06.2024
Verantwortlich: Justizministerium Baden-Württemberg